Johannes Auer ::: free lutz! ::: Live-Performance
::: Wrocław::: Radio_Copernicus |
Live-Performance: BWA Galerien der zeitgenössischen Kunst, Wrocław
, Polen
Donnerstag, 08.12.05, 19.00 bis 19.25 Uhr
Ein Meilenstein computergenerierter Poesie sind die stochastischen Texte
von Theo Lutz aus dem Jahr 1959. Das Radioprojekt 'free lutz!' von Johannes
Auer (Stuttgart), einem der bekanntesten deutschsprachigen Netzliteraten,
basiert auf der Nachprogrammierung dieser Pioniertat. Gleichzeitig ermöglicht
ein Web-Interface die Beteiligung der Zuhörer an der Textgenerierung
der Maschine innerhalb und außerhalb der Galerie.
>> zum Webinterface
von "free lutz" (deutsch)
>> zum Webinterface
von "free lutz" (polnisch)
Anhören
Aufzeichnung der
Live-Sendung von Radio Copernicus [download
.mp3 50 MB]
Interview: Johannes Auer im Gepräch mit J. Nehrlich und
T. Doktor [download
.mp3 20 MB]
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free lutz!
1959 / 2005
Ein Meilenstein computergenerierter Poesie sind
die stochastischen Texte von Theo Lutz von 1959.
Theo Lutz hatte für die Großrechenanlage Zuse Z22 ein Programm geschrieben,
um stochastische, d.h. zufallsbasierte Texte zu erzeugen. Dazu hatte er,
auf Max Benses Anraten, je 16 Subjekte und 16 Prädikate aus Kafkas "Schloss"
ausgewählt.
Die Subjekte:
DER GRAF DER FREMDE DER BLICK DIE KIRCHE
DAS SCHLOSS DAS BILD DAS AUGE DAS DORF
DER TURM DER BAUER DER WEG DER GAST
DER TAG DAS HAUS DER TISCH DER KNECHT
Die Prädikate:
OFFEN STILL STARK GUT SCHMAL NAH NEU
LEISE FERN TIEF SPAET DUNKEL FREI
GROSS ALT WÜTEND
„Jedes der gegebenen Subjekte bzw. Prädikate“,
so Theo Lutz in einem Aufsatz von 1959, „jedes der gegebenen Subjekte
bzw. Prädikate soll gleich häufig, also mit gleicher Wahrscheinlichkeit
auftreten.
Die beiden Elementarsätze eines Paares sollen
durch folgende logische Konstanten verknüpft werden:
- durch "und' mit einer relativen Häufigkeit
von 1/8
- durch "oder" mit einer relativen Häufigkeit von 1/8
- durch "so gilt" mit einer relativen Häufigkeit von 1/8
- durch einen Punkt "." mit einer relativen Häufigkeit von 5/8
Als logische Operatoren werden mit gleicher
Häufigkeit verwendet
der Partikularisator "ein, eine, ein",
der Generalisator "jeder, jede, jedes",
der verneinte Partikularisator "kein, keine, keines" und
der verneinte Generalisator "nicht jeder, nicht jede, nicht jedes".
Für die folgende Sendung hat der Netzkünstler Johannes Auer die Pioniertat
von Theo Lutz nachprogrammiert und um ein Web-Interface erweitert, das
es Ihnen, also den Zuhörern, über die Internetadresse http://copernicus.netzliteratur.net
erlaubt, den Wortschatz zu verändern, aus dem die Maschine den Text erzeugt.
Zuhörer und Computer gestalten also die Textbasis der folgenden Sendung.
1959 waren die Computertexte zweifach literarisch
konnotiert. Einerseits durch den benutzten „Kafka“-Wortschatz, andererseits
durch Korrekturen von Theo Lutz. Denn in einem von ihm redigierten Abdruck
einer Auswahl der stochastischen Texte hatte Theo Lutz kleine grammatikalische
Fehler und fehlende Satzzeichen von Hand korrigiert und somit, entgegen
der Programmierung, als „traditioneller“ Autor agiert.
Der Sprecher Peter Gorges
wird daher während der live-Sendung am 8.12.05 die entstehenden Computertexte
in Echtzeit literarisch inszenieren.
Johannes Auer 10/2005
mehr Info: Theo
Lutz: "Stochastische Texte", in: augenblick 4 (1959), H. 1,
S. 3-9
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